Wozu das Fach Geschichte?
"Die grossen Fehler in der Vergangenheit sind in jeder Beziehung sehr lehrreich. Man schaffe das Studium der Geschichte ab und man wird eine neue Bartholomäusnacht in Frankreich oder einen neuen Cromwell in England erleben." (Voltaire, 1694-1778: ‚De l’utilité de l’histoire‘)
Ob man aus der Geschichte wirklich lernt, wie das Voltaire sich das erhofft, sei dahingestellt und ist wohl vom Individuum abhängig. Aber die grundsätzliche Möglichkeit dazu besteht.
Und deshalb ist es wichtig, die Vergangenheit zu kennen. Viele aktuelle Zustände und Ereignisse haben ihre Wurzeln in der Vergangenheit. Wie soll man die immer wiederkehrende Diskussion über die Schweizer Neutralität verstehen, wenn man nicht weiss, auf welchem Hintergrund diese entstanden und erhalten wurde? Wie erklärt man die in der Dritten Welt oft vorhandene Abneigung gegen westliche Einflüsse, wenn man die Erfahrungen des Imperialismus nicht begreift?
Geschichte hilft also, die Gegenwart zu verstehen; Parallelen zwischen Ereignissen, Strukturen und Entwicklungen von damals und heute zu entdecken. Und sie stellt auch immer wieder moralische Fragen an unsere Zeit: wie hätten wir uns verhalten? Hätten wir uns offen gegen die Nationalsozialisten gestellt, auch wenn unser Leben dabei auf dem Spiel gestanden hätte?
Was ist das Ziel von Geschichtsunterricht?
Die Schülerinnen und Schüler der KSR sollen im Fach Geschichte zu kritischem Denken, zum Hinterfragen von historischen und (über-)regionalen Zusammenhängen und zur offenen Auseinandersetzung mit anderen Kulturen, Generationen und Wertvorstellungen angehalten werden.
Zusätzlich soll den Lerndenen ein Geschichtsbewusstsein vermittelt werden. Die Erkenntnis, dass unsere Gegenwart gewachsen und nicht selbstverständlich ist und auf den Fundamenten unserer Vergangenheit ruht.
Was umfasst Geschichtsunterricht?
Die Zeiten, als Geschichtsunterricht vor allem darin bestand, die Heldentaten von „grossen“ Männern zu thematisieren, sind vorbei.
Moderner Geschichtsunterricht versucht, die Menschheitsgeschichte als Ganzes zu erfassen. So spielen neben Politik und Wirtschaft auch Kultur und Gesellschaft eine tragende Rolle. Erst all diese Aspekte ergeben ein Gesamtbild. In der Praxis kann dies beim Thema „Antikes Griechenland“ so aussehen.
Politikgeschichte |
Entstehung der Demokratie: der Wandel der Institutionen |
Wirtschaftsgeschichte |
Wirtschaftlicher Wandel fördert Aufstieg neuer Schichten. Geld ermöglicht erst Bezahlung von Ämtern, die Beteiligung vieler erlaubt. |
Gesellschaftsgeschichte |
Neue Schichten fordern Mitspracherecht, da sie die Lasten tragen. |
Kulturgeschichte |
Griechen stellen in der Demokratie ihre Leute nackt dar: als Bürger wie jeder auch, nicht als Amtsträger wie z.B. ein ägyptischer Pharao |