Politpodium 30. September 2022

Kurzbericht zum Podium Politische Bildung – Schweiz und EU: Es bleibt kompliziert !

Bereits zum 22. Mal organisierte die Fachschaft Geschichte mit Unterstützung der Fachschaft Wirtschaft im Rahmen der Herbststudienwoche am Freitag einen Diskussions-Abschluss. Die Klassen hatten in dieser Woche viel Wissen getankt: Nach konkretem Anschauungsunterricht an Schauplätzen wie im EU-Parlament in Strasbourg durch die beiden Klassen L20a und L20c oder einem Sessions-Besuch in Berns Bundeshaus (L20b) ging es beim Polit-Podium um das Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU. Ebenso dabei war zusammen mit der Klasse L20d eine Kleinklasse von geflüchteten Jugendlichen aus der Ukraine, welche mit den Reussbühler Lernenden wertvolle Bekanntschaft geschlossen hatte.

Im Podium waren mit dem Botschafter für die EU in der Schweiz, Petros Mavromichalis, und Think-Tank-Vertreter Darius Farman zwei Exponenten, die Schweizer Aussenpolitik von einer anderen Warte betrachteten als die nationalen Polit-Exponenten Michael Töngi, Franz Grüter und Roland Fischer, die direkt nach der Räte-Herbstsession aus Bern nach Reussbühl anreisten. Auch dank ihnen konnten die 5.Klässler/innen im Rahmen dieser Woche einen beträchtlichen Schritt in Richtung politischer, gesellschaftlicher und ökonomischer Mündigkeit machen.

Die thematischen Schwerpunkte der Debatte kreisten um die offen gebliebenen Streitfragen zwischen der Schweiz und der EU. Mit dem Song „That was yesterday!” von Foreigner wurde die Beziehung zwischen den beiden Akteuren analysiert.  Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass sich die beiden Akteure durchaus nicht „Foreigners“ sind, aber die komplizierte Beziehung wurde z.B. durch Franz Grüter, dem SVP-Vertreter, eher bei der "Eiszeit als beim Tauwetter" angesiedelt. Auf die konkreten, offenen Grundfragen im Verhältnis CH und EU angesprochen stellten die Lernenden Fragen zur Souveränität, zur Personenfreizügigkeit, aber auch zum Lohnschutz. Anouk aus der L20c wollte wissen, ob die Schweiz als EU-Mitglied nicht mehr mitbestimmen und sogar souveräner werden könne. Sofort zeigten sich zwischen Links und Rechts erhebliche Auffassungsunterschiede – und die spannende Debatte war lanciert.

In ganz konkrete Streitfragen im Verhältnis eingedacht hatte sich Jael Burri aus der L20a. Sie wollte wissen, was ein konkreter Lösungsansatz sei, um den Lohnschutz in der Schweiz in Zusammenarbeit mit der EU zu gewährleisten. Sie bilanziert im Nachgang: "Roland Fischer aus der GLP sieht die Lösung weiterhin in einem Rahmenabkommen, welches nicht angenommen wurde. Er betont aber, dass es wichtig unter anderem für die wirtschaftliche Attraktivität der Schweiz sei, mit der EU zu einem Kompromiss zu kommen. Nicht nur die GLP hat mich überzeugt, sondern auch die anderen Podiumsteilnehmer konnten mir eine Antwort auf meine Frage geben. Die Vertreterin der Grünen hat mich bei dieser konkreten Frage etwas enttäuscht." 

Abschliessend mit Hinblick auf die ukrainischen Gäste fragten Riccardo und Sophia aus der L20d, wie realistisch und wünschenswert ein baldiger EU-Beitritt der Ukraine sei, worauf Botschafter Mavromichalis klare Sympathie und Solidarität einerseits für die Ukraine bekundete, aber auch signalisierte: «Die Ukraine wird wie jeder andere Kandidat alle Vorgaben erfüllen müssen, was sich erfahrungsgemäss über Jahre hinzieht.»

Insgesamt geben die Beteiligten der Sonderwoche und dem Podium ein positives Feedback: Jael Burri aus der L20a meint dazu: "Ich finde es wichtig, alle Sichtweisen des gesamten politischen Spektrums zu hören, um sich eine emanzipierte Meinung bilden zu können."  Insgesamt hat die Politische Bildungs-Woche dazu viel beigetragen, findet die 5. Klässlerin: "Anfangs war der Wissenserwerb anstrengend. Jedoch habe ich vor allem in der Debatte, beim Fragenstellen an den Botschafter und beim Podium gemerkt, wie viel Fachwissen es braucht, um erst einmal verstehen zu können wovon alle sprechen, geschweige denn, wie viel es braucht um sich eine eigene Meinung zur Beziehung Schweiz- EU bilden zu können."

Bericht: Ch . Fallegger

Fotoimpressionen


Geflüchtete Ukrainische Jugendliche im Austausch mit Lernenden der L20d

«Slava Ukraini» («Ruhm der Ukraine»)! Mit diesen Worten schloss der EU-Botschafter seine Willkommensbotschaft an sieben ukrainische Jugendliche im Rahmen der Podiumsdiskussion zum Abschluss der Sonderwoche «Menschen – Mächte – Märkte». «Herojam Slava» («Den Helden Ruhm»)! antworteten die ukrainischen Gäste und jedem in der Aula war die Tragweite dieses Moments bewusst.  

Im Rahmen der diesjährigen Sonderwoche hat sich die Klasse L20d mit dem Krieg in der Ukraine beschäftigt. In einem theoretischen Teil befassten sich die Schüler/innen zunächst mit der historischen Entwicklung der Ukraine und der Russländischen Föderation, mit deren Vorstellungen von Nationalstaatlichkeit und mit der aktuellen Kriegssituation. Dazu gehörte auch die Auseinandersetzung mit der Frage, welche Rolle die Geschichte für die Entwicklung eines nationalen Selbstbewusstseins spielt.

Mitte der Woche hatte die Klasse die Gelegenheit, ukrainische Jugendliche im Alten Zeughaus Luzern zu besuchen. Hier werden seit Beginn des Ukraine-Krieges Deutschkurse für Jugendliche angeboten, organisiert von der Volkschulbildung Luzern. Der Unterricht ist flexibel gestaltet, da wöchentlich neue Schüler/innen aufgenommen werden. Viele der Lernenden in den Deutschkursen des Schulangebots Asyl haben die obligatorische Schulzeit abgeschlossen. Wie es nun weitergehen soll, ist noch ungeklärt. Einige haben mit einem Fernstudium an einer ukrainischen Universität begonnen, andere hoffen auf ein Studium an einer Schweizer Hochschule. Alle wünschen sich eine Rückkehr in ihre Heimat. Die weitere Entwicklung in ihrer Heimat ist aber offen und voller Unsicherheiten. Die Deutschkurse geben in dieser Lage Perspektiven und etwas Sicherheit in einer unsicheren Situation.

Die Klasse L20d hatte die Möglichkeit, die ukrainischen Jugendlichen in Gesprächen kennenzulernen. Auf Basis dieser Gespräche sind im Verlauf des Donnerstags sieben hörenswerte Podcasts unter dem Titel «Stimmen aus der Ukraine» entstanden. Die UkrainerInnen haben von ihrem Leben in der Ukraine berichtet, ihren Flucht- und Kriegserfahrung, ihren Ängsten und Hoffnungen, aber auch über ihre Zukunft in der Schweiz nachgedacht. Am Freitag haben die ukrainischen Jugendlichen die KSR besucht: Gemeinsam mit den Schüler/innen der Klasse L20d und den betreuenden Lehrpersonen wurden die Podcasts angehört. Im Anschluss daran gab es ein gemeinsames Essen und am Nachmittag stand der Besuch der Podiumsdiskussion an, wo unter anderem auch die Zukunft der Ukraine und ihr Verhältnis zur EU angesprochen wurde. Abschliessend bemerkte ein Schüler der KSR: «Die Gespräche mit den UkrainerInnen haben mir geholfen, ihre Situation aus einer anderen Perspektive zu sehen.» Nicht nur das Verstehen ist bemerkenswert, ebenso wichtig sind die sozialen Kontakte, die sich aus der Begegnung ergeben haben. Slava Ukraini.

Bericht: Simone von der Geest und Urs Fischer